von Frank Goosen
Radio Heimat
»Sag mal, Omma, stimmt das denn alles, was du da so erzählst?« »Hasse dich gelangweilt?« »Nö.« »Na also!«Na, was ein Einstieg! Tatsächlich alles andere als langweilig, was von Frank Goosen auf dem Bücherstapel gelandet ist. Der bekennende Ruhrpott-Abkömmling erzählt von den Eigenheiten «seiner Leute», seiner Region und seiner Stadt. Von Klischees, die widerlegt, und von solchen, die gepflegt werden. Dass zum Beispiel die vielen, schön grünen Bäume, zur Überraschung der Durchreisenden, das (Stadt-)Bild mehr prägen als dreckige Männer mit Schippe, Grubenhelm und Spitzhacke.
Meine Mutter hat hier ihre komplette Kindheit verbracht. Auch sie war ein Einzelkind, ausgestattet mit einem gewissen Maß an anarchischer Energie. Mal machte sie sich die Mühe, das seitliche, ausschließlich zur Wohnung meiner Großeltern führende Treppenhaus mit bunten Kreidefiguren zu verzieren, was eine ziemliche Arbeit war. Stundenlang hatte sie damit zu tun gehabt, und doch wurde es ihr nicht gedankt. Meine Omma hatte stundenlang damit zu tun, das alles wieder wegzuwischen, lachte sich aber die ganze Zeit kaputt. [...] Mein Oppa hatte weniger Sinn für Anarchie und auch keinen für moderne Kunst, weshalb es von ihm für diese Malaktion, im Einklang mit den Erziehungsmethoden der Fünfzigerjahre, mit Schmackes hinter die Löffel gab. [...] Noch Jahrzehnte später verfinsterte sich sein Gesicht, wenn er davon erzählte: »Ich sach dir, da hatte der Arsch von deine Mutter Kirmes!«Liebevoll wird hier der eigentümlichen «Schnauze» der Landsleute ein Forum eingeräumt, vornehmlich der von Verwandten und Bekannten des Herrn Goosen, allen voran natürlich der, weiter oben bereits zu Wort gekommenen, Omma. Der dies Buch auch gewidmet ist, nach der Lektüre stellt sich beim Leser die Überzeugung ein: Vollkommen zurecht!
Kurzweilige Freude, in vielen kleinen Abschnitten, ideal für zwischendurch, jedoch auch in einem Rutsch gut und erheiternd lesbar. Auch wenn, was hier geboten wird, nicht an die Wortmagie des »Tresenlesen«-Duos heranreicht, so ist doch der eine oder andere sprachliche Ausflug in die Abwegigkeit vorhanden und bereitet also dem verwöhnten Hörer der Live-Lesungen des, leider, aufgekündigten Teams Goosen-Malmsheimer Lustgewinn.
Goosen über Taxifahrer:
... Dann gibt es da den gesellschaftskritischen Typen, der sich tiefschürfende Gedanken zum Beispiel über die Gender-Problematik macht. So einer verwickelte mich mal in ein Gespräch über die Liebe und die Frauen. »Wissen Sie eigentlich, woran datt licht?« »Der Stau?« »Der auch. Aber ich meine datt allgemeiner. Dem Elend. Dem Elend in diese Welt?« »Am FC Bayern?« »Scheiße, nein. Anne Weiber!« »Echt?« »Hass du in deinem ganzen Leben auch nur eine ehrliche Frau getroffen?« Auf vertrautem Terrain wurde offenbar geduzt. »Naja, da war mal eine in Bad Salzuflen...« »Ich nicht. Die haben doch heute allet im Griff, die Weiber, sonst würd ich nich Taxifaahn. Vielleicht wär ich Profifußballer oder Astronaut. Die Weiber haben doch allet im Griff. Und die Welt is immer noch Scheiße.« In mir erwachte sofort das starke Bedürfnis, all die Frauen aufzusuchen, die ihm die Jobs als Profifußballer oder Astronaut streitig gemacht hatten, und ihnen ausdauernd die Hand zu drücken.Schade nur, dass der Autor sich ein wenig penetrant an bestimmten Dingen festhält, die, so meint man, eigentlich mit einem Geschichtchen hinreichend beleuchtet wurden. Hier und da findet sich eine thematische Wiederholung. Hiervon abgesehen, sei dies Machwerk jedoch potenziellen Lesern ans Herz gelegt. Lachen Sie ruhig lauter, denn »Lachen macht lustig«, wie Herr Malmsheimer zu sagen pflegt. Jedoch, wenn sie dies Buch zu kaufen die heiligen Hallen des Büchereinzelhandels betreten, nehmen Sie »Liegen lernen« vom selben Frank Goosen dazu, es lohnt sich. Ganz bestimmt.
Unverschämtheit! Was erlaubt der sich? Soll erst mal richtig Deutsch lernen, anstatt mich mit seinem Weißwurst-Genuschel zu belästigen! Wenn hier einer das Ruhrgebiet beleidigen darf, dann doch wohl ich! Wo kommen wir denn da hin, wenn das auch noch die Auswärtigen übernehmen! [...] Und überhaupt ist das jetzt hier Frankfurt, und da steige ich jetzt aus, was will ich denn in Hannover, ist doch genauso ein Drecksnest wie München oder alle anderen! Südlich von Hattingen ist für mich Tirol und nördlich von Recklinghausen Dänemark, östlich von Unna beginnt für mich Sibirien und westlich von Duisburg ist die Welt zu Ende und da fallen alle ins Urmeer! Was? Wie ich auf drei Seiten zweimal meine Meinung ändern kann? Das geht Sie gar nichts an. Höflichkeit ist was für Leute, die nicht richtig arbeiten können!Rezension von Thomas Treichel
Radio Heimat
von Frank Goosen
Radio Heimat
von Frank Goosen
»Sag mal, Omma, stimmt das denn alles, was du da so erzählst?« »Hasse dich gelangweilt?« »Nö.« »Na also!«Na, was ein Einstieg! Tatsächlich alles andere als langweilig, was von Frank Goosen auf dem Bücherstapel gelandet ist. Der bekennende Ruhrpott-Abkömmling erzählt von den Eigenheiten «seiner Leute», seiner Region und seiner Stadt. Von Klischees, die widerlegt, und von solchen, die gepflegt werden. Dass zum Beispiel die vielen, schön grünen Bäume, zur Überraschung der Durchreisenden, das (Stadt-)Bild mehr prägen als dreckige Männer mit Schippe, Grubenhelm und Spitzhacke.
Meine Mutter hat hier ihre komplette Kindheit verbracht. Auch sie war ein Einzelkind, ausgestattet mit einem gewissen Maß an anarchischer Energie. Mal machte sie sich die Mühe, das seitliche, ausschließlich zur Wohnung meiner Großeltern führende Treppenhaus mit bunten Kreidefiguren zu verzieren, was eine ziemliche Arbeit war. Stundenlang hatte sie damit zu tun gehabt, und doch wurde es ihr nicht gedankt. Meine Omma hatte stundenlang damit zu tun, das alles wieder wegzuwischen, lachte sich aber die ganze Zeit kaputt. [...] Mein Oppa hatte weniger Sinn für Anarchie und auch keinen für moderne Kunst, weshalb es von ihm für diese Malaktion, im Einklang mit den Erziehungsmethoden der Fünfzigerjahre, mit Schmackes hinter die Löffel gab. [...] Noch Jahrzehnte später verfinsterte sich sein Gesicht, wenn er davon erzählte: »Ich sach dir, da hatte der Arsch von deine Mutter Kirmes!«Liebevoll wird hier der eigentümlichen «Schnauze» der Landsleute ein Forum eingeräumt, vornehmlich der von Verwandten und Bekannten des Herrn Goosen, allen voran natürlich der, weiter oben bereits zu Wort gekommenen, Omma. Der dies Buch auch gewidmet ist, nach der Lektüre stellt sich beim Leser die Überzeugung ein: Vollkommen zurecht!
Kurzweilige Freude, in vielen kleinen Abschnitten, ideal für zwischendurch, jedoch auch in einem Rutsch gut und erheiternd lesbar. Auch wenn, was hier geboten wird, nicht an die Wortmagie des »Tresenlesen«-Duos heranreicht, so ist doch der eine oder andere sprachliche Ausflug in die Abwegigkeit vorhanden und bereitet also dem verwöhnten Hörer der Live-Lesungen des, leider, aufgekündigten Teams Goosen-Malmsheimer Lustgewinn.
Goosen über Taxifahrer:
... Dann gibt es da den gesellschaftskritischen Typen, der sich tiefschürfende Gedanken zum Beispiel über die Gender-Problematik macht. So einer verwickelte mich mal in ein Gespräch über die Liebe und die Frauen. »Wissen Sie eigentlich, woran datt licht?« »Der Stau?« »Der auch. Aber ich meine datt allgemeiner. Dem Elend. Dem Elend in diese Welt?« »Am FC Bayern?« »Scheiße, nein. Anne Weiber!« »Echt?« »Hass du in deinem ganzen Leben auch nur eine ehrliche Frau getroffen?« Auf vertrautem Terrain wurde offenbar geduzt. »Naja, da war mal eine in Bad Salzuflen...« »Ich nicht. Die haben doch heute allet im Griff, die Weiber, sonst würd ich nich Taxifaahn. Vielleicht wär ich Profifußballer oder Astronaut. Die Weiber haben doch allet im Griff. Und die Welt is immer noch Scheiße.« In mir erwachte sofort das starke Bedürfnis, all die Frauen aufzusuchen, die ihm die Jobs als Profifußballer oder Astronaut streitig gemacht hatten, und ihnen ausdauernd die Hand zu drücken.Schade nur, dass der Autor sich ein wenig penetrant an bestimmten Dingen festhält, die, so meint man, eigentlich mit einem Geschichtchen hinreichend beleuchtet wurden. Hier und da findet sich eine thematische Wiederholung. Hiervon abgesehen, sei dies Machwerk jedoch potenziellen Lesern ans Herz gelegt. Lachen Sie ruhig lauter, denn »Lachen macht lustig«, wie Herr Malmsheimer zu sagen pflegt. Jedoch, wenn sie dies Buch zu kaufen die heiligen Hallen des Büchereinzelhandels betreten, nehmen Sie »Liegen lernen« vom selben Frank Goosen dazu, es lohnt sich. Ganz bestimmt.
Unverschämtheit! Was erlaubt der sich? Soll erst mal richtig Deutsch lernen, anstatt mich mit seinem Weißwurst-Genuschel zu belästigen! Wenn hier einer das Ruhrgebiet beleidigen darf, dann doch wohl ich! Wo kommen wir denn da hin, wenn das auch noch die Auswärtigen übernehmen! [...] Und überhaupt ist das jetzt hier Frankfurt, und da steige ich jetzt aus, was will ich denn in Hannover, ist doch genauso ein Drecksnest wie München oder alle anderen! Südlich von Hattingen ist für mich Tirol und nördlich von Recklinghausen Dänemark, östlich von Unna beginnt für mich Sibirien und westlich von Duisburg ist die Welt zu Ende und da fallen alle ins Urmeer! Was? Wie ich auf drei Seiten zweimal meine Meinung ändern kann? Das geht Sie gar nichts an. Höflichkeit ist was für Leute, die nicht richtig arbeiten können!Rezension von Thomas Treichel