Der Fliegenpalast

An einem der ersten Tage hatte er überlegt, ob er womöglich zu alt geworden war, für diesen Ort, mit dem ihn seit Kindertagen zwiespältige Gefühle verbanden.
Ein kleiner österreichischer Kurort im Jahre 1924: Der Schriftsteller Hugo von Hofmannsthal ist auf Urlaub nach Bad Fusch gekommen, um endlich wieder ein wenig Zeit für seine Arbeit zu finden. Erinnerungen aus seiner Kindheit verbinden ihn seit jeher mit diesem Ort, und in diesen zehn Tagen blitzen sie immer wieder auf und lassen ihn einfach nicht zur Ruhe kommen. Er macht die Bekanntschaft eines Arztes, mit dem ihn von Beginn an eine Art Seelennähe zu verbinden scheint, und auch die etlichen Briefe von Freunden und Bekannten, die seine Frau ihm täglich nachschickt, tragen nicht unbedingt dazu bei, den Kopf fürs Schreiben freizubekommen.
Als Arbeitsreise war das Ganze geplant, doch der Dichter wird von anderen Gedanken, von Überlegungen zum verlorenen Krieg und heftigen Selbstzweifeln gefesselt, die ihn nicht mehr loslassen wollen.

Walter Kappacher ist eben erst mit dem diesjährigen Büchner-Preis für sein bisheriges Werk ausgezeichnet worden. Ob diese Ehrung gerechtfertigt ist, kann und will ich gar nicht sagen. Ich kannte seinen Namen vor dem »Fliegenpalast« nicht.
Sprachlich jedenfalls ist dieser Roman beeindruckend zeitnah ausgearbeitet, denn Kappacher lehnt sich auch stilistisch an die 20er Jahre an und imitiert die damalige Sprache äußerst gekonnt. Er beschreibt präzise und mit großer Liebe zum großen Ganzen, streut Briefe und Gedichtzeilen ein. Überhaupt ist die Genauigkeit, mit der er sich mit dem Leben Hofmannsthals auseinandergesetzt hat, beeindruckend.
Wenn bloß die Leute nicht immer etwas von einem wollten! Wie sie sich das vorstellten, fünf Seiten hier, zehn Seiten da ...
Allein: All die sprachliche Eleganz ändert nichts an der Tatsache, dass der Roman selber wirklich sterbenslangweilig zu lesen ist. Spannungslos und ohne einen erkennbaren Erzählbogen, sind diese wenigen Tage nicht mehr als eine bloße Aneinanderreihung von Wenns und Abers, Namen und Zweifeln, die meine Geduld schon sehr früh überstrapaziert hatten. Kein Grundmotiv, kein Fokus in der Person des Dichters, auf die sich konzentriert würde.
Das alles ist wie eine schöne bunte Schachtel, mit viel Liebe verziert und ausgeschmückt – und wenn man vorsichtig und fast andächtig den Deckel hebt, ist sie enttäuschend leer.

Der Fliegenpalast

176 Seiten, € 8,90, broschiert / kartoniert
dtv, ISBN 978-3423138918

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Rezensiert von Alexander Schau