Franny und Zooey

Verdammt noch eins, es gibt doch nette Dinge auf der Welt – und ich meine: nette Dinge. Wir sind alle solche Idioten, dass wir uns so ablenken lassen. Immer, immer, immer beziehen wir jedes verdammte Ding, das passiert, sofort auf unser mieses kleines Ego.
Franny und Zooey Glass sind die beiden jüngsten von sieben Geschwistern. Sie sind beide Anfang zwanzig und gutaussehend. Sie sind beide Künstler, genauer gesagt Schauspieler, und sie sind beide unglücklich. Außerdem – und das haben sie mit all ihren anderen Geschwistern gemein – sind sie ... nun, nennen wir es einmal überdurchschnittlich intelligent. Leider ist diese Begabung jedoch keinem der Kinder sonderlich gut bekommen, und quasi alle Glass-Geschwister haben gewisse Probleme mit dem Leben selbst, mit der Welt und ihren Mitmenschen. Die beiden Jüngsten Franny und Zooey haben mit Frustration und Weltschmerz zu kämpfen, wobei sie von Selbstgerechtigkeit und Hoffnungslosigkeit geplagt werden. Der Versuch, ihren Platz im Leben zu finden, gestaltet sich recht schwierig, da sie alles anzweifeln und andere Menschen und deren Handeln den eigenen Werten nicht gerecht werden.

Franny hat die Nase voll von ihrem Studentendasein und lehnt ihre Kommilitonen ab, deren Egoismus und Selbstdarstellungswahn sie zunehmend enttäuschen. Der gefühlte Zwang, das alles mitmachen zu müssen, setzt sie mehr und mehr unter Druck. Sie erleidet einen Nervenzusammenbruch und sucht Halt und Sinn im Jesusgebet der russisch-orthodoxen Mönchstradition.
Ich hab’s so satt, immer Ego, Ego, Ego. Meines und das von allen anderen. Ich habe alle satt, die was erreichen wollen, die was Herausragendes machen, jemand Interessantes sein wollen und so. Das ist widerlich – ja, jawohl. Es ist mir gleich, was andere sagen.
Ihr Bruder Zooey erkennt durchaus sein »soziales« Unvermögen und das damit verbundene Unverständnis seiner Mitmenschen. Mit einem erstaunlichen Widerspruch von innerer Unsicherheit und äußerer Gelassenheit reagiert er auf alles mit Ironie und gibt aus purer Verzweiflung vor allem seinen älteren Brüdern und deren Erziehung die Schuld für alle Probleme.
Erstens ist es völlig daneben, wenn du anfängst, über Dinge und Leute herzuziehen statt über dich selbst. Das ist bei uns beiden so. (...) Wir sind eben Monstren, weiter nichts. Die beiden Scheißer haben sich uns schon ganz früh geschnappt und zu Monstren mit monströsen Maßstäben gemacht, weiter nichts.
Die Familie scheint zuerst tatsächlich der Grund allen Übels zu sein. Im Verlauf der Erzählung bekommt man jedoch den Eindruck, dass die Familie auch die Rettung ist. Vor allem Mutter Bessie versucht, als liebevoller Engel in Hausmantel und Haarnetz, alles zusammenzuhalten. Und obwohl der Umgangston recht schroff ist, wird die Liebe innerhalb der Familie doch sehr deutlich. So zum Beispiel durch die detaillierten Beschreibungen des Wohnungsinventars oder des Manteltascheninhalts von Mutter Bessie. Auch die Tatsache, dass sich der Erzähler selbst dem Leser kurz als älterer Bruder Buddy und damit als enges Familienmitglied zu erkennen gibt, steigert den Eindruck der familiären Verbundenheit.

»Franny und Zooey« ist ein sehr spannendes und zugleich berührendes Buch. Obwohl die Erzählung im Grunde nur aus drei langen Dialogen besteht, wird sie niemals langweilig. Das liegt vor allem am ironischen, teils bissigen und rasanten Grundton der Geschichte. Humor ist, wenn man trotzdem lacht, und so musste ich als Leser, trotz einiger tragischer Hintergründe und Ereignisse, ob der dicken Portion schwarzen Humors einige Male ziemlich breit grinsen. Besonders der Schlagabtausch zwischen Zooey und Mutter Bessie ist ein Hochgenuss und beweist Salingers Wortwitz und Beobachtungsgabe. Die Sprache könnte man als spritzig-herb bezeichnen, typisch amerikanisch, wobei ein herzliches »Gottverdammt« auf jeder zweiten Seite wartet. Zu Gott und der Ironie gesellen sich der Buddhismus, die Liebe und jede Menge Zigaretten - und am Ende lernt man, sich selbst nicht immer so ernst zu nehmen. Mehr will ich gar nicht verraten, aber es lohnt sich auf jeden Fall, herauszufinden wer die dicke Frau ist und was sie mit allem zu tun ...

Rezension von Angela Richter

Franny und Zooey

240 Seiten, € 8,95, broschiert / kartoniert
Rowohlt, ISBN 978-3499245589
Eike Schönfeld

→ Leseprobe

Franny und Zooey

Verdammt noch eins, es gibt doch nette Dinge auf der Welt – und ich meine: nette Dinge. Wir sind alle solche Idioten, dass wir uns so ablenken lassen. Immer, immer, immer beziehen wir jedes verdammte Ding, das passiert, sofort auf unser mieses kleines Ego.
Franny und Zooey Glass sind die beiden jüngsten von sieben Geschwistern. Sie sind beide Anfang zwanzig und gutaussehend. Sie sind beide Künstler, genauer gesagt Schauspieler, und sie sind beide unglücklich. Außerdem – und das haben sie mit all ihren anderen Geschwistern gemein – sind sie ... nun, nennen wir es einmal überdurchschnittlich intelligent. Leider ist diese Begabung jedoch keinem der Kinder sonderlich gut bekommen, und quasi alle Glass-Geschwister haben gewisse Probleme mit dem Leben selbst, mit der Welt und ihren Mitmenschen. Die beiden Jüngsten Franny und Zooey haben mit Frustration und Weltschmerz zu kämpfen, wobei sie von Selbstgerechtigkeit und Hoffnungslosigkeit geplagt werden. Der Versuch, ihren Platz im Leben zu finden, gestaltet sich recht schwierig, da sie alles anzweifeln und andere Menschen und deren Handeln den eigenen Werten nicht gerecht werden.

Franny hat die Nase voll von ihrem Studentendasein und lehnt ihre Kommilitonen ab, deren Egoismus und Selbstdarstellungswahn sie zunehmend enttäuschen. Der gefühlte Zwang, das alles mitmachen zu müssen, setzt sie mehr und mehr unter Druck. Sie erleidet einen Nervenzusammenbruch und sucht Halt und Sinn im Jesusgebet der russisch-orthodoxen Mönchstradition.
Ich hab’s so satt, immer Ego, Ego, Ego. Meines und das von allen anderen. Ich habe alle satt, die was erreichen wollen, die was Herausragendes machen, jemand Interessantes sein wollen und so. Das ist widerlich – ja, jawohl. Es ist mir gleich, was andere sagen.
Ihr Bruder Zooey erkennt durchaus sein »soziales« Unvermögen und das damit verbundene Unverständnis seiner Mitmenschen. Mit einem erstaunlichen Widerspruch von innerer Unsicherheit und äußerer Gelassenheit reagiert er auf alles mit Ironie und gibt aus purer Verzweiflung vor allem seinen älteren Brüdern und deren Erziehung die Schuld für alle Probleme.
Erstens ist es völlig daneben, wenn du anfängst, über Dinge und Leute herzuziehen statt über dich selbst. Das ist bei uns beiden so. (...) Wir sind eben Monstren, weiter nichts. Die beiden Scheißer haben sich uns schon ganz früh geschnappt und zu Monstren mit monströsen Maßstäben gemacht, weiter nichts.
Die Familie scheint zuerst tatsächlich der Grund allen Übels zu sein. Im Verlauf der Erzählung bekommt man jedoch den Eindruck, dass die Familie auch die Rettung ist. Vor allem Mutter Bessie versucht, als liebevoller Engel in Hausmantel und Haarnetz, alles zusammenzuhalten. Und obwohl der Umgangston recht schroff ist, wird die Liebe innerhalb der Familie doch sehr deutlich. So zum Beispiel durch die detaillierten Beschreibungen des Wohnungsinventars oder des Manteltascheninhalts von Mutter Bessie. Auch die Tatsache, dass sich der Erzähler selbst dem Leser kurz als älterer Bruder Buddy und damit als enges Familienmitglied zu erkennen gibt, steigert den Eindruck der familiären Verbundenheit.

»Franny und Zooey« ist ein sehr spannendes und zugleich berührendes Buch. Obwohl die Erzählung im Grunde nur aus drei langen Dialogen besteht, wird sie niemals langweilig. Das liegt vor allem am ironischen, teils bissigen und rasanten Grundton der Geschichte. Humor ist, wenn man trotzdem lacht, und so musste ich als Leser, trotz einiger tragischer Hintergründe und Ereignisse, ob der dicken Portion schwarzen Humors einige Male ziemlich breit grinsen. Besonders der Schlagabtausch zwischen Zooey und Mutter Bessie ist ein Hochgenuss und beweist Salingers Wortwitz und Beobachtungsgabe. Die Sprache könnte man als spritzig-herb bezeichnen, typisch amerikanisch, wobei ein herzliches »Gottverdammt« auf jeder zweiten Seite wartet. Zu Gott und der Ironie gesellen sich der Buddhismus, die Liebe und jede Menge Zigaretten - und am Ende lernt man, sich selbst nicht immer so ernst zu nehmen. Mehr will ich gar nicht verraten, aber es lohnt sich auf jeden Fall, herauszufinden wer die dicke Frau ist und was sie mit allem zu tun ...

Rezension von Angela Richter

Franny und Zooey

240 Seiten, € 8,95, broschiert / kartoniert
Rowohlt, ISBN 978-3499245589
Eike Schönfeld

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Rezensiert von Gast